Anfrage beim Thüringer Ministerium für Inneres & Kommunales bezüglich fehlender Qualifikation bei Stephan Kramer
Anne Müller
Esplanade 13b
07422 Bad Blankenburg
Thüringer Ministerium für Inneres & Kommunales
Steigerstraße 24
99096 Erfurt
per Telefax an: 0361/37 93 111
Bad Blankenburg, den 01.12.2015
In Sachen: Heutige Ernennung des Herrn Kramer zum Präsidenten des Thüringer Verfassungsschutzes
Sehr geehrte Damen und Herren,
Der nach eigenen Angaben studierte Sozialpädagoge Stephan J. Kramer – mit Masterabschluss 2015 in Erfurt – wurde am heutigen Tage zum Präsidenten des Thüringer Verfassungsschutzes ernannt. Diese Personalentscheidung wurde in den letzten Tagen medial stark diskutiert, Herr Kramer von der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ sogar als Agent Provokateur bezeichnet, der immer wieder durch Polemik auf sich aufmerksam macht. (http://www.zeit.de/2015/48/stephan-kramer-thueringer-verfassungsschutz) Anlage 1
Bekanntermaßen fehlt dem früheren Generalsekretär des Zentralrates der Juden de Befähigung zum Richteramt. Ein begonnenes Studium der Rechtswissenschaften habe er abgebrochen. Gem. § 2 III 5 ThürVerfSchG soll der Präsident des Verfassungsschutzes jedoch die Befähigung zum Richteramt innehaben. Auf Nachfrage der Tageszeitschrift OTZ soll das Innenministerium hierzu geäußert haben, „dass die Ernennung Kramers dazu nicht im Widerspruch stünde und der Präsident nicht zwingend die Befähigung zum Richteramt inne haben müsse. Das Wörtchen „soll“ im Gesetzestext lasse ein eingeschränktes Ermessen zu, und das werde hier ausgeübt.“ (http://www.otz.de/web/zgt/suche/detail/-/specific/Neuer-Verfassungsschutzchef-Stephan-Kramer-Nicht-geeignet-fuer-Spitzenamt-in-Th-1754138169) Anlage 2
Bezugnehmend auf diese Äußerungen ergeben sich folgende Fragen, die im allgemeinen Interesse zu beantworten wären:
1. Was ist der Grund dafür, dass dieser eingeschränkte Ermessensspielraum ausgeübt wurde?
2. Gab es keinen anderen Bewerber, der die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllte?
3. Welche Befähigungen bringt Herr Kramer als Sozialpädagoge mit, die die fehlende Befähigung zum Richteramt heilen?
Ausweislich eines Schreibens des Thüringer Landtages – Petitionsausschuss – vom 20.04.2015 (http://www.wilfriedmeissner.de/pdf/CCF23112015_0001.pdf) Anlage 3 in der Petitionssache E-10/15, die das Ziel verfolgte, die Eignungsvoraussetzungen und die Arbeitsplatzbeschreibung für den leitenden Beamten des Verfassungsschutzes endlich für das Volk transparent zu machen, gibt es eine Reihe von gesetzlichen Bestimmung zum Präsidenten des Thüringer Verfassungsschutzes:
„Der Dienstposten ist mit der Besoldungsgruppe B4 bewertet. Typischerweise haben Beamte dieser Besoldungsgruppe bereits langjährige Führungs- und Leitungserfahrung.“
Inwieweit verfügt Herr Kramer über diese langjährige Erfahrung?
„Der Präsident des Amtes für Verfassungsschutz ist ein politischer Beamter. Die Dienstposten der politischen Beamten unterliegen nicht der Ausschreibungspflicht. Das besondere politische Vertrauen darf aber die erforderliche fachliche und führungsmäßige Spitzenqualifikation, die ein Inhaber des Dienstpostens mitbringen muss, weder ganz noch teilweise ersetzen.“
5. Wer genau hat Herrn Kramer gegenüber ein besonderes politisches Vertrauen? Welche fachlichen und führungsmäßigen Spitzenqualifikationen besitzt Herr Kramer als Sozialpädagoge - ohne Berufserfahrung – (bei Studienabschluss 2015) wenn ihm die Befähigung zum Richteramt fehlt?
„Es muss unter den bekannten, geeigneten Persönlichkeiten, die am besten geeignete ausgewählt werden. Maßgeblich kann dabei auf die beruflichen Erfahrungen und Verwendungen sowie die Güte der bisherigen Arbeitsergebnisse abgestellt werden.“
6. Es entzieht sich meiner Kenntnis, dass -sofern es weitere Bewerber gab- bekannt gemacht wurde, wer sich ebenfalls für diese Position beworben hat. Wurde – sofern es denn welche gab – bekannt gegeben, welche Mitbewerber sich ebenfalls für diese Stelle qualifiziert haben?
„Daneben muss sich der Präsident des Amtes für Verfassungsschutz einer Sicherheitsüberprüfung der Stufe 3 (erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen) unterziehen.“
7. Erfolgte eine solche Überprüfung bei Herrn Kramer?
Herr Stephan Kramer selbst äußerte gegenüber der Presse u.a.:
„...dass Juristen allein nicht genug seien für diese Behörde.“ Anlage 2
„ Ich glaube nicht, dass ich der Alibijude bin.! Anlage 4
„Er lege Wert darauf, nicht der „klassische Jurist“ zu sein....also kein gelernter Schlapphut, sondern Quereinsteiger sei“ Anlage 4
Bezugnehmend auf diese Aussagen ergeben sich folgende Fragen:
8. Gibt es Anknüpfungstatsachen in der Personalentscheidung, aus welchen sich für Herrn Kramer ergeben könnten, dass er womöglich ein „Alibijude“ sein soll? Was genau ist ein Alibijude?
9. Ist es legitim, dass der Präsident des Verfassungsschutzes als ein „Jurastudium-Abbrecher“ sich selbst als Jurist betitelt? Ist es aus Sicht des Innenministeriums rechtlich vertretbar, dass hierdurch womöglich ein öffentlicher Irrtum über die Kompetenzen des Herrn Kramer erregt wird?
Für die Beantwortung der Fragen wird sich intern der 08.12.2015 vorgemerkt. Vielen Dank für ihre Bemühungen bereits im Voraus.
Hochachtungsvoll
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Anne Müller
Anlagen:
1 Die Zeit: Stephan Kramer – Agent Provokateur vom 26.11.2015 – 4 Seiten
2 OTZ: Neuer Verfassungsschutzchef ….. vom 24.11.2015 – 1 Seite
3 Thüringer Landtag: Petitionsausschuss vom 20.04.2015 – 3 Seiten
4 OTZ: Neuer Thüringer Geheimdienstchef... vom 19.11.2015 – 1 Seite